FENSTER SCHLIESSEN

Stadtmarathon 2018

Bericht der WAZ vom 4. Juni 2018 / Duisburg

Wo der Marathon Nebensache wird

Ein insgesamt zufriedener Veranstalter, gute Stimmung am Rande der Strecke und in Buchholz ein Bürgerfest mit Bühne, Bier, Bratwurst - und Bananen für die Läufer

1400 Helfer und gute Stimmung am Rande der Strecke: Uwe Busch, Geschäftsführer des Stadtsportbundes, der den 35. Rhein-Ruhr-Marathon mit dem LC Duisburg als Veranstalter organisiert hatte, zog am Ende insgesamt eine zufriedene Bilanz. Einige Läufer hatten zwar aufgrund des schwülen Wetters mit argen Kreislaufproblemen zu kämpfen und drei Spitzenathleten im Handbiker-Rennen bogen offenbar aufgrund der Schlafmützigkeit eines Streckenpostens falsch ab. Die Aufregung hielt sich aber in Grenzen.

Isotonische Getränke
Zehntausende wollten sich das Spektakel nicht entgehen, besonders viele Zuschauer gab es im Duisburger Süden. Das lag auch am Bürgerfest in Buchholz, den der dortige Bürgerverein wieder zum Marathon auf die Beine gestellt hatte. Wasser, isotonische Getränke und Bananen standen bereit, dazu war eine Bühne auf dem Buchholzer Markt aufgebaut. Eine farbenfrohe Sambagruppe heizte den schwitzenden Läufern zusätzlich ein.

"Die gehören aber gar nicht zu uns", stellte Peter Griebeling vom Bürgerverein klar. Der hatte für eigene Musik gesorgt, die Rock-Coverband "Moonroxx" spielte auf der Bühne auf dem Marktplatz, die Läufer bedankten sich mit gehobenen Daumen für die musikalische Motivation.

Vom Grillgut, dass der Karnevalsverein "Alle Mann an Bord" auf den Rost warf, bekamen die Läufer leider nichts ab, dafür aber für die Gäste, die sich nach und nach auf dem Marktplatz einfanden. Die Frauenkompanie der St. Sebastianus Schützen verkaufte Erbsensuppe, die SPD Waffeln und Kuchen im SPD-Café. Die Kalorien konnten sich die jüngeren Besucher auf der Hüpfburg der CDU direkt wieder abtrainieren.

Kicker halfen wieder mit
Damit die Läufer, Handbiker und Inlineskater nicht nur sehnsüchtig dem bunten Treiben auf dem Bürgerfest zusehen mussten, sondern auch etwas zwischen die Zähne bekamen, hatte der Bürgerverein zum wiederholten Male die Fußballer von Viktoria Buchholz für den Versorgungsstand gewinnen können. Die Becherübergabe war für den einen oder anderen Sportler mit zittriger Hand zwar ein bisschen zu anspruchsvoll. Einfacher lief das mit den Bananen.

Ab dem späten Vormittag füllten sich dann auch die Bürgersteige entlang der Strecke auf der Münchener Straße, jeder einzelne Sportler wurde mit frenetischem Applaus gefeiert und angefeuert. Der kleine Paul haut auf Papas Schultern kräftig auf die Trommel und fordert: "Schneller Laufen!" Die Läufer reagierten mit einem müden, aber ehrlichen Lächeln.

Und während weitere Marathonis schon schwer pumpend am Buchholzer Bürgerfest vorbeiliefen - immerhin schon bei Streckenkilometer 35 - zündete "Moonroxx" auf der Bühne noch mal ein Feuerwerk. Während es die Sportler den Einlauf ins Stadion schaffen wollten, hatten die Musiker auf dem Buchholzer Markt am Ende nur ein Ziel - den Bierwagen.

WAZ/Jonas Schlömer, Sven Kowalski und Tobias Knüfermann


Bitte auf die Bilder klicken! / Fotos: Oliver Lamerz

bild001.jpg bild002.jpg bild003.jpg bild004.jpg
bild005.jpg bild006.jpg bild007.jpg bild008.jpg
bild009.jpg bild010.jpg bild011.jpg bild012.jpg
bild013.jpg bild014.jpg bild015.jpg bild016.jpg
bild017.jpg bild018.jpg bild019.jpg bild020.jpg
bild021.jpg bild022.jpg bild023.jpg bild024.jpg
bild025.jpg bild026.jpg bild027.jpg bild028.jpg




Bericht der WAZ vom 4. Juni 2018 / Sport

Ein schottisches Geheimrezept

Rhein-Ruhr-Marathon Nikki Johnstone gewinnt in Duisburg - mit 211 Kilometern in den Beinen

Diese Chance ließ sich Jörg Bunert nicht nehmen. "Das ist einfach unglaublich. Ich frage ihn jetzt, wie er das macht", sagte Duisburgs Lauflegende und machte sich auf den Weg zu Nikki Johnstone. Dabei beeindruckte Bunert nicht nur die Zeit von 2:28:42 Stunden, die Johnstone brauchte, um 42,195 Kilometer durch Duisburg zu laufen und somit den 35.?Rhein-Ruhr-Marathon zu gewinnen. Der Schotte hat diese Distanz am Sonntag zum fünften mal binnen fünf Wochen absolviert. Und als er in der Schauinsland-Reisen-Arena das Zielband durchriss, strahlte Johnstone, als hätte er gerade seine leichteste Übung hinter sich gebracht. "Ein Lächeln und Spaß an der Sache", gab der Sieger in Richtung Jörg Bunert zurück, "dafür lohnt es sich Gas zu geben."

Der 33-Jährige aus den Highlands, der inzwischen für den ART Düsseldorf startet und auch in der Landeshauptstadt wohnt - aus der er wie immer mit dem Rad zum Lauf gefahren ist - kennt sich in Duisburg bereits gut aus. "Angerlauf, Sommernachtslauf, Winterlaufserie, ich komme immer gern nach Duisburg. Aber der Marathon war neu für mich. Und ich frage mich, warum ich nicht schon vorher hier mitgemacht habe", war auch der Sieger von seiner Premiere beeindruckt.

Der besondere Reiz
Die verschiedenen Veranstaltungen, an denen Johnstone in den letzten Wochen teilnahm, zu vergleichen, sei schwierig, sagt er: "Jeder Marathon ist anders und hat seinen besonderen Reiz. In Manheim ist es ein Nachtlauf, Düsseldorf ein Heimspiel und Duisburg hat einen ganz besonderen Zieleinlauf. Du hörst schon draußen die Stimme des Moderators und bekommst ein Gefühl dafür, wie die Stimmung ist. Und wenn du dann ins Stadion einläufst, ist es einfach unglaublich."

Auch die Unterstützung am Streckenrand mobilisierte zusätzliche Kräfte beim Highlander, die zum ersten Mal nach acht Jahren wieder eine Siegerzeit unter 2:30 Stunden beim Duisburger Marathon möglich machten. "Alle haben meinen Namen und ,Du schaffst es' gerufen und mich angefeuert. Sie meinten auch, es sähe locker aus, aber locker ist das nicht", lacht Johnstone, der selbst nicht für möglich gehalten hätte, erneut solch eine Zeit hinzulegen. "Bis zum Anfang des Jahres habe ich noch gedacht, dass ich die 2:30 Stunden nie knacken werde. Jetzt habe ich es viermal hintereinander geschafft. Jetzt liebe ich den Marathon", strahlte der Sieger und schob grinsend in Richtung Jörg Bunert nach: "Aber manchmal habe ich auch selbst Angst vor mir."

Duisburg-Feeling beflügelt Vössing
Die Atmosphäre in Duisburg hoben sämtliche Sieger unter den 5513 Teilnehmern in den verschiedenen Disziplinen hervor. Und dieses Lob auf Duisburg ist für Rainer Bischoff "Teil der Veranstaltung", wie der Vorsitzende des ausrichtenden Stadtsportbundes herausstrich. "In Düsseldorf werden drei Spitzenathleten aus Kenia gekauft, und es ist klar, dass sie gewinnen werden. Wir machen das bewusst nicht. So ist es spannender und es kann auch jemand gewinnen, der zum ersten Mal läuft. Denn das Duisburg-Feeling treibt die Läufer nach vorne." Annika Vössing konnte da nur nickend zustimmen. Die Triathletin vom LAV Oberhausen wollte eigentlich einen Triathlon absolvieren. "Das hat nicht geklappt, da habe ich mir am letzten Dienstag gedacht: ach, lauf' doch mal einen Marathon - nur so zum Spaß."

Doch aus dem Spaß wurde schneller Ernst, als sie es erwartet hätte. "An der Startlinie wurde dann aus locker sofort Wettkampf. Und lange lief es richtig gut, aber dann habe ich nach etwa 35 Kilometern den Mann mit dem Hammer getroffen", war Vössing am Ende ihrer Kräfte. Doch die Duisburger nahmen dem Mann den Hammer ab und halfen Annika Vössing wieder auf die Beine. "Du denkst einfach nur: Du darfst jetzt nicht aufhören, es muss irgendwie weitergehen. Und die Unterstützung hat mich ins Ziel gebracht."

Und nicht nur das: Mit einer Zeit von 2:57.22 Stunden lief Annika Vössing als erste Frau im Stadion ein - und das bei ihrem ersten Marathon. Nach kurzer Erholungsphase konnte die Siegerin dann auch schon wieder lachen: "Ich wollte eigentlich gar nicht so schnell laufen."

Mit der richtigen Vorbereitung sei wohl noch einiges möglich, meinte Vössing mit Blick auf den nächsten Rhein-Ruhr-Marathon. Da kann sie sich sicher einige Tipps bei Nikki Johnstone abholen. Der Schotte kann "allen Läufern den Marathon in Duisburg nur empfehlen" und will auch im nächsten Jahr wieder dabei sein. Für den Sommer macht er nach fünfmal 42,195 Kilometern jetzt erst einmal Wettkampf-Pause. Und sein "mögliches Geheimrezept" hat er Jörg Bunert dann auch noch verraten. "Meine Mutter hat mich als Kind ständig mit Porridge vollgestopft. Vielleicht ist es das."

Vermutlich kocht Duisburgs Lauflegende gerade schottischen Haferbrei?.?.?.

WAZ/Sven Kowalski